Übungsleiterinnen und -leiter Workshop im LAFP in Selm

Der sechste ÜL Workshop beschäftigte sich intensiv mit der ersten Grundposition des DPSK „Sicherheit braucht Fitness“.

Dass die körperliche und mentale Leistungsfähigkeit im Polizeivollzugsdienst eine herausragende Bedeutung zukommt, ist gewiss hinlänglich bekannt. Mich reizte als Sportwissenschaftlerin die Frage, inwieweit die Entwicklung bzw. der Erhalt der körperlichen und mentalen Leistungsfähigkeit als ein wichtiger Aspekt für den Erfolg im Selbstverteidigungs-, Einsatz- und Eigensicherungstraining gesehen werden kann. Unter diesem Eindruck entstand dieser ÜL- Workshop – als erster Impuls derart weitgreifenden Themas!

Um einen Anfang in das Thema zu finden, setzte ich initiale Orientierungspunkte für die im Feld Tätigen. Die folgenden Informationen geben einen kleinen Einblick wieder: Meiner Ansicht nach ist Dienstsport/Sporttraining das Training der Trainierbarkeit für komplexe Bewegungen im Selbstverteidigungs-, Einsatz- und Eigensicherungstraining.

Nach meiner Studie sollte das polizeiliche körperliche Training systematisch, vielseitig und angeleitet sowie zielgruppenspezifisch zu gestalten sein, sprich je nach Tätigkeiten im Dienst sind die für dessen Ausführung benötigten motorischen Fähigkeiten abzuleiten. Eine Polizeivollzugsbeamtin bzw. Polizeivollzugsbeamter im Einsatzdienst sollte damit meines Erachtens alle motorischen Fähigkeiten regelmäßig und vielseitig trainieren.

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Über diesen Gedanken wurde das wissenschaftliche Modell im Einsatztraining von Staller und Koerner (2022) vorgestellt. Es lehnt am sportlichen Leistungsstrukturmodell an. Im Weiteren wurde die unterschiedliche Bedeutung der Begriffe Fertigkeiten und Fähigkeiten geklärt. Klar wurde, dass jede Technik wie Schießen, Abwehr- und Zugriffstechniken motorische Fertigkeiten sind, die erlernt und geübt werden müssen. Ob dies schneller oder langsamer geht und wie gut sie letztendlich ausgeführt werden, hängt wiederum von den motorischen Fähigkeiten der Person ab.

Demgegenüber steht die Komplexität des Einsatztrainings, dem Training für den realen Einsatz, wo ein isoliert geübtes Techniktraining wie Zugriffstechniken wenig nützt, da der Kontext und die Umweltbedingungen fehlen.

Ausgehend von diesen Überlegungen ist für eine komplexe Leistungserbringung im Einsatztraining auch ein komplexes Training nötig. Dienstsport mit dem Training der motorischen Fähigkeiten unterstützt die Ausbildung an Fertigkeiten und verbessert die Anpassung in komplexen Situationen. Letztendlich müssen noch wissenschaftliche Daten gewonnen sowie eine disziplinübergreifende Forschung reifen. Die Studienlage steht hier noch in den Anfängen.

 

Um Belastungen von Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten in Einsatzsituationen besser zu meistern, ermöglicht das „Sportmentaltraining“ eine weitere interessante Perspektive für die Polizei! Mit Andreas Eberlein, Polizei Sachsen-Anhalt, konnte ein Spezialist gewonnen werden, der Mentaltraining (im engeren Sinne = mentales Techniktraining; Mentaltraining im weiteren Sinne: Motivation, Konzentration, mentale Stärke und mentale Wettkampfvorbereitung) in Theorie und Praxis an die Frau und an den Mann zu bringen und zu vermitteln wusste. Er verstand zu berichten, wie Einsatzkräfte von den Mentaltechniken aus dem Spitzensport profitieren können. Wie schaffe ich es, mich punktgenau zu konzentrieren und dies auch zu bleiben? Wie kann ich mich selbst regulieren, meine Anspannung kontrollieren und nervenstark bleiben? Wie verhalte ich mich in kritischen Situationen und gehe mit diesen optimal um? Beim Mentaltraining geht es also vorrangig darum, Personen dahin zu trainieren, dass sie ihre Trainingsleistung im Wettkampf oder in Einsatzsituationen abrufen können. Anders ausgedrückt: In unerwarteten kritischen, brenzligen Situationen vorbereitet sein, in den „Flow“ kommen und die beste Leistung abrufen!

Was wird benötigt? Regelmäßiges Training!

Andreas, Mentaltrainer Leistungssport A-Lizenz und 2. Vorsitzender des DBVS, vermittelte durch anregende, mobilisierende Übungen und außerordentlich viel Spaß in den praktischen Einheiten, dass Personen durch ein regelmäßiges Mentaltraining unterstützt werden, ihre Konzentration zu verbessern, ihre Aufnahmekapazität zu erhöhen, den Kopf (eigene Gedanken) im Griff zu haben.

Mit dem DPSK Bundesfachwart Selbstverteidigung, Johannes Daxbacher, Polizei Bayern, blieb es aktiv. Der ehemalige Nationalmannschafts- und Bundesligakämpfer Daxbacher ist ein auf vielen Gebieten aktiver Judoka und Funktionär. Seit mehr als zehn Jahren ist Johannes als internationaler Botschafter des Judo tätig und ist im Weltjudoverband (IJF) in der Militär- und Polizeikommission der verantwortliche Mann für den Judosport. Kein Wunder, dass es ihm beeindruckend gelang, die Bereicherung des Dienstsportes durch Kleine Spiele, Ringen und Raufen, Judo- und Budo Spiele anhand eines Plakates darzustellen und dann zu einem schweißtreibenden Training zu wechseln.
Ein weiteres Thema lag dem Diplomtrainer am Herzen, die Verletzungsprophylaxe. Mit einem gezielten, regelmäßigen, neuromuskulären Training kann effizient Verletzungen vorgebeugt werden. Ein solches Training kann im Hauptteil durchgeführt oder auch ins Aufwärmen integriert werden. Letztlich war das Ziel seiner Trainingseinheiten, dass die polizeispezifische sportliche Fitness auch durch andere Trainingsinhalte wie den angebotenen „Zweikampfspielen“ erreicht werden kann. Es können auch nur einzelne Übungen dieser „kompetitiven Übungen“ in die üblichen Dienstsportstunden eingebaut werden.

Informativ und lehrreich war auch die gemeinsame Stunde mit Johannes, in der gemeinsam mithilfe des Wertebewusstseins bei der Selbstverteidigung ein Bezug zu Werten im Einsatztraining hergestellt und diskutiert wurde. In der Essenz kam heraus, dass die in der Selbstverteidigung und im Einsatztraining relevanten Werte unterschiedlich beleuchtet werden müssen. Auch wurde klar, dass es generell gut sei, sich Werten bewusst zu machen, angefangen bei den persönlichen Werthaltungen.

Am dritten Tag startete Johannes Daxbacher mit einem Bericht über die bestehende Kooperation des DPSK mit dem Deutschen Judo-Bund (DJB) sowie den Synergien mit der polizeilichen Aus- und Fortbildung, dem Einsatztraining sowie dem Wettkampfsport. Hier zeigten sich die aktiven (Wettkampf-) Sportler:innen besonders interessiert.

Unter dem Motto „Talk Runde zum Thema! Good Practice, aber auch offene Fragen und Herausforderungen zum Thema“ ging es abschließend nochmal in einen offenen Austausch. Als eine weitere Perspektive und Möglichkeit, Themen in Land und Bund zu bewegen, kristallisierten sich zwei „good practice“ Beispiele heraus, die von Teilnehmenden vorgestellt wurden.

Daniela Marschall, Angehörige der Polizei Hessen, stellte anschaulich und verständlich die aktuelle Herangehensweise und Umsetzung eines Mentaltrainings bei der Polizei Hessen vor.

Beispiellos war am ersten Workshop Tag die Entdeckung, dass das DPSK und die Polizei Hessen sich unabhängig voneinander intensiv mit dem Thema beschäftigten und dieselbe Auffassung zur Qualifizierung von Mentaltrainern vertreten!

Ergänzt wurde der Vortrag von einem Beitrag aus der Polizei Niedersachsen. Martin Siegmund gelang es äußerst zielgerichtet und charmant die Konzeption AZT 45+ darzustellen. Er entwickelte mit zwei weiteren Trainern aus der Problemlage heraus, dass viele Übungen des regulären Angriffs- und Zugriffstrainings für die Zielgruppe 45 plus partiell nicht oder nur eingeschränkt durchführbar sind, ein auf diese Zielgruppe zugeschnittenes Programm. Das Konzept ist darauf ausgelegt, dass man gesund bleibt und kombiniert die Themen zu Gesundheit, Ernährung, Stresskompetenz mit dem Angriffs- und Zugriffstraining. Tolles Beispiel für individuelle und eine „kleine“ Lösung innerhalb einer Organisation!

Zum Abschluss:
Das Besondere in diesem Jahr war der Austausch zwischen der unterschiedlichen Fachlichkeit.
Wichtig ist und bleibt die gründliche Vorbereitung der Physis und Psyche, um für die polizeilichen Aufgaben „gewappnet“ zu sein. Hierfür ist – nennen wir es anstelle Dienstsport – Training zur Vorbereitung der Bewältigung von dienstlichen Verwendungen und möglichen Einsatzlagen, nötig.

Dienstsport/Training ist kein Selbstzweck, sondern eine Zubringerleistung, die sicherstellt, dass Polizeivollzugsbeamtinnen bzw. -te ihre Aufgaben erfüllen können. Zukunftsweisend scheint es, das Sporttraining, Mentaltraining sowie Einsatztraining systematisch zu betrachten und zu organisieren.

Ich bedanke mich über diesen Weg nochmal sowohl bei allen Beteiligten als auch Teilnehmenden am ersten Workshop dieser Art für das engagierte Verhalten und freue mich auf die nächsten Projekte!