Unmittelbar vor der EPM traf sich das deutsche Team in der Zeit vom 5. bis 08.09.2022 zu einem Vorbereitungslehrgang in St. Peter-Ording. Hier hatte das Team die Möglichkeit, sich unter optimalen Bedingungen zusammen zu finden, letzte Materialabstimmungen durchzuführen und sich auf die anstehenden Wettkämpfe vorzubereiten. Ein herzliches Dankeschön hier an Stefanie Wasmundt, die dem Team als ortskundiger Guide zur Seite stand und uns zu den passenden Radstrecken für die zu absolvierenden Trainingseinheiten führte.
Am 8. September ging es dann morgens für das gesamte Team weiter von St. Peter-Ording zum 230 km entfernten Austragungsort nach Braedstrup/Dänemark. Angeführt von Delegationsleiter PP Thomas Dabel (Neubrandenburg) wurde das deutsche Team im örtlichen Hotel Pejsegarden empfangen, in dem alle teilnehmenden Teams untergebracht waren.
Aufgrund der Nähe zu den anderen Teilnehmerteams konnten schnell neue Kontakte zu den Kolleginnen und Kollegen der europäischen Nachbarn geknüpft und „alte Bekannte“ begrüßt werden.
Am 09.09.22 fand die feierliche Eröffnung der Titelkämpfe durch die Verantwortlichen des Europäischen Polizeisportverbandes (USPE) in den Räumlichkeiten des Hotels statt. An der Zeremonie nahmen 110 Sportler:innen, sowie Begleiter:innen und Betreuer:innen aus 16 Nationen teil. Unter den Athleten befanden sich zahlreiche internationale bekannte Spitzensportler:innen.
Die beiden Tage vor Beginn der Titelkämpfe wurden durch das Team des DPSK intensiv dazu genutzt, sich mit den Bedingungen vor Ort vertraut zu machen. Hier lag ein besonderer Fokus auf die Analyse der 27,5 km langen Wettkampfstrecke. Das 27,5 km lange Einzelzeitfahren, mit Start und Ziel in Braedstrup, unweit des Hotels Pejsegarden, stand für Samstag, den 10.09.22 auf dem Programm. Der Streckenverlauf erwies sich u.a. aufgrund seiner 330 Höhenmeter, sowie der starken Windanfälligkeit, als äußerst anspruchsvoll und selektiv. Aufgrund der überragenden Ergebnisse des deutschen Teams bei der EPM 2018 in Belgien, lag das Augenmerk der anderen Nationen schon vor Beginn der Wettkämpfe auf den Sportler:innen des DPSK. Hier insbesondere auf die noch amtierenden Europameister Corinna Lechner, Lisa Brömmel und Joshua Huppertz.
Einzelzeitfahren Männer:
Das Einzelzeitfahren der Männer wurde um 10 Uhr gestartet. Dazu wurden die 64 Sportler mit je zweiminütigem Abstand in unterschiedlichen Startblöcken auf die Strecke geschickt. Leider zeigte sich der Wettergott an diesem Vormittag nicht so gütig mit den Sportlern. Bereits im zweiten Startblock mussten Streckenpassagen im strömenden Regen absolviert werden, was den technischen Anspruch der Strecke nochmals deutlich erhöhte und die Leistung jedes einzelnen Sportlers hervorhebt.
Durch Louis Brasda konnte bereits frühzeitig mit einer Fahrzeit von 37:11 Min. eine richtungsweisende Endzeit gesetzt werden. Doch damit nicht genug. Auch den folgenden deutschen Startern gelangen überragende Fahrzeiten mit nur wenigen Sekunden Rückstand hinter dem Führenden Louis Brasda.
Im letzten Startblock lag das gesamte Augenmerk auf Joshua Huppertz, der sich fest vorgenommen hatte seinen EPM-Titel aus 2018 zu wiederholen. Er fuhr ein überragendes Rennen auf dem regennassen, technisch anspruchsvollen Kurs und konnte sich nach 27,5 km mit einer neuen Bestzeit von 36:02 Min. als alter und neuer Titelgewinner krönen. Diese Fahrzeit entspricht einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 45,78 km/h!!!!
Zu dem Gewinn der Goldmedaille durch Joshua Huppertz und der Silbermedaille durch Louis Brasda erzielten auch die weiteren deutschen Sportler herausragende Ergebnisse unter den Top platzieren. Lediglich die Bronzemedaille ging an Glenn Edelenbos aus den Niederlanden. Christoph Schweizer wurde in 37:21 Min. vierter mit nur zwei Sekunden Rückstand auf den Drittplatzierten. Leon Brescher wurde fünfter in 37:22min, Tim Oelke sechster in 37:27 Min. und Peter Richter dreißigster in 40:32 Min. Mit dieser geschlossenen Einzelleistung gelang dem Männer-Team auch der Sieg in der Mannschaftswertung. Platz 2 wurde hier durch die Niederlande und Platz 3 durch das Team aus Dänemark erzielt.
Einzelzeitfahren Frauen:
Motiviert durch dieses super Wettkampfergebnis der Männer, ging nachmittags das deutsche Frauen-Team um die Entscheidung im Einzelzeitfahren, bei trockenem Wetter und nahezu identischen Windbedingungen, an den Start. Auch hier mussten alle 27 Starterinnen im selben Modus eine Runde absolvieren.
Schon nach den ersten Zwischenzeiten der deutschen Sportlerinnen wurde ersichtlich, dass auch die Frauen mit der anspruchsvollen Strecke sehr gut zurechtkamen. So fuhren die deutschen Sportlerinnen immer wieder mit neuen Bestzeiten ins Ziel. Noch bevor der letzte Startblock mit zweiminütigen Abständen ins Rennen geschickt wurde, zeichnete sich eine mögliche Sensation ab. Zu diesem Zeitpunkt lagen Lisa Brömmel und Kimberley Miller bereits auf Platz 1 und 2 der Zwischenwertung. Nun lag die gesamte Aufmerksamkeit auf die Fahrzeiten von Corinna Lechner als noch amtierende Europäische Polizeimeisterin im Zeitfahren. Bereits ihre Zwischenzeit sorgte für einen zaghaften Jubel, verbunden mit der Hoffnung, dass Corinna ihren Fahrrhythmus beibehalten kann und sie defekt- und sturzfrei ins Ziel kommt. So war nach einer Fahrzeit von 39:54 Min. der Dreifacherfolg perfekt. Corinna wurde erneut Europäische Polizeimeisterin mit einer gefahrenen Durchschnittsgeschwindigkeit von 41,3km/h, gefolgt von Lisa Brömmel (41:02min) und Kimberly Miller (41:45 Min.). Damit gingen alle Einzelmedaillen im Einzelzeitfahren der Frauen an das deutsche Team.
Abgerundet wurde das super Ergebnis durch den 6. Platz von Dorothea Heitzmann (42:49min), den 8. Platz von Sabine Dittmann (44:42min) und dem 24. Platz von Christine Schneider (48:45min). Mit diesen überragenden Einzelergebnissen sicherte sich das deutsche Team auch die Goldmedaille in der Mannschaftswertung. Somit gingen alle Medaillen im Einzelzeitfahren der Frauen an die deutsche Frauenmannschaft.
Im Rahmen einer feierlichen Zeremonie, welche am Samstagabend im Hotel Pejsegarden stattfand, erhielten Corinna Lechner und Joshua Huppertz ihre Europameister-Trikots. Zudem wurden allen drei Erstplatzierten der beiden Einzelzeitfahren die Medaillen überreicht. Ebenso wurde die Siegerehrung in den beiden Mannschaftswertungen vorgenommen. Hier konnten durch das Frauen- und Männer-Team jeweils die Goldmedaillen in Empfang genommen werden.
Straßenrennen Männer:
Am Sonntag, den 11.09.22 wurde das Straßenrennen ausgetragen. Für die 78 männlichen Teilnehmer ging es um 10 Uhr bei strahlendem Sonnenschein auf den 27,5 km langen Rundkurs, der fünf Mal absolviert werden musste. Nach den überragenden Ergebnissen des Vortages war schon vor dem Start des Männer- und Frauenrennens klar, dass es zwei taktisch stark geprägte Rennen werden würden.
Im Wettkampf der Männer war daher die taktische Vorgabe, die ersten beiden Runden zunächst die Beobachterrolle zu übernehmen, um gegebenenfalls aktiv auf die Angriffe und Attacken der anderen Nationen reagieren zu können. Ende der ersten Runde gelang es dann einem dänischen und einem belgischen Sportler sich vom Feld abzusetzen und einen Vorsprung von bis zu 1:30 Min. herauszufahren. Dieser Vorsprung wurde, maßgeblich durch die deutschen Fahrer, stets in Reichweite gehalten, um ständig die Kontrolle über das Renngeschehen behalten zu können. Die ersten beiden Runden waren immer wieder durch Ausreißversuche und Attacken der Fahrer von anderen Nationen geprägt, um u.a. auch das deutsche Team aus der Reserve zu locken.
Entsprechend der taktischen Vorgabe begann das deutsche Team dann mit Ende der zweiten Runde aktiv in das Renngeschehen einzugreifen. Durch ständige Attacken, insbesondere in den bergigen und windanfälligen Streckenpassagen, wurde das Renntempo so stark forciert, dass das Hauptfeld innerhalb weniger Rennkilometer bereits auseinanderriss und die beiden Ausreißer aus Belgien und Dänemark schnell eingeholt werden konnten. Erfreulicherweise waren zu diesem Zeitpunkt noch alle deutschen Fahrer im Hauptfeld vertreten.
In der 4. Runde gelang Christoph Schweizer dann mit einem Soloangriff am 900 Meter langen, bis 8% steilen Berg, der entscheidende Vorstoß um sich von der Spitzengruppe zu lösen und einen anfänglichen Vorsprung von 30 Sekunden herauszufahren. Aufgrund der mannschaftlichen Gesamtleistung des deutschen Teams war es den Fahrern der anderen Nationen trotz immer wiederkehrender Angriffe nicht möglich, den Ausreißversuch zu unterbinden bzw. den Vorsprung von Christoph zu minimieren.
In der letzten Runde konnte Christoph seinen Vorsprung sogar auf bis zu 2:30 Min. ausbauen. Nun galt es für die in der Spitzengruppe verbliebenen deutschen Sportler sich taktisch auf die letzten Rennkilometer einzustellen, um insbesondere auf mögliche Angriffe der starken Fahrer aus Frankreich, Dänemark, Niederlande, Österreich und Belgien reagieren zu können. Im letzten Anstieg, ca. 4 km vor dem Ziel, kam es dann wie erwartet zu einer erneuten Attacke durch einen Fahrer aus Frankreich, mit dem Ziel die Verfolgergruppe nochmals zu dezimieren. Den deutschen Fahrern um Joshua Huppertz, Leon Brescher, Tim Oelke und Louis Brasda gelang es jedoch in überragender Form auch diesem Vorstoß zu folgen und als Team auf die letzten zwei Rennkilometer zu gehen.
Zu diesem Zeitpunkt bog Christoph Schweizer bereits nach 137,5 km (38,6 km/h) mit einem Vorsprung von 1:25 Min. auf die Zielgerade ein und konnte sich wenige Sekunden später als neuer Europäischer Polizeimeister feiern lassen. Durch Radio-Tour wurden bereits während des Rennens die sich immer wieder ändernden Rennsituationen an die Zuschauer weitergegeben, sodass sich die letzten Rennkilometer der Verfolgergruppe, insbesondere für die Zuschauer und Betreuer im Zielbereich, als äußerst nervenaufreibend erwiesen.
Der letzten Rennkilometer wurden durch das deutsche Team taktisch in „Lehrbuchmanier“ vorbereitet. Angeführt von Joshua Huppertz formierte sich 600 Meter vor dem Ziel ein Sprintzug. Gefolgt von Leon Brescher und Tim Oelke wurde durch Joshua Huppertz das Tempo so hochgehalten, dass es keinem anderen Fahrer vor der Zielkurve gelang, an ihnen vorbeizufahren. So konnten Leon Brescher und Tim Oelke als erste Verfolger auf die Zielgerade einbiegen und den finalen Sprint um Platz 2 und 3 eröffnen.
Am Zielstrich war dann die nächste Sensation perfekt. Dem Männerteam gelang die Wiederholung des unglaublichen Erfolges der Frauenmannschaft vom Vortag. Nach dem Solosieg von Christoph Schweizer überqueren Leon Brescher und Tim Oelke als Zweit- und Drittplatzierte die Ziellinie. Die hervorragende Mannschaftleistung komplettieren Joshua Huppertz mit dem 5., Louis Brasda mit dem 7. und Peter Richter mit dem 16. Platz. Damit gingen erneut alle 3 Einzelmedaillen an das DPSK-Team.
Straßenrennen Frauen:
Um 14:15 Uhr erfolgte dann der Start der Frauen zu dem 82,5 km langen Straßenrennen. Die Runde musste von den 31 Teilnehmerinnen drei Mal absolviert werden. Beflügelt durch das überragende Ergebnis vom Vortag ging das deutsche Frauen-Team in den Wettkampf. Taktische Vorgabe war es, das Rennen bereits nach der ersten Runde temporeich und attraktiv zu gestalten, um möglichst wenige sprintstarke Fahrerinnen mit auf die letzten Rennkilometer mitzunehmen.
Dorothea Heitzmann wurde Ende der ersten Runde durch einen Defekt überrascht, der leider nicht behoben werden konnte. Trotz des Versuchs von Kimberly Miller, die sich aus dem Fahrerfeld zurückfallen ließ, um Dorothea wieder heranzuführen, konnte sie das Rennen leider nicht fortsetzen und musste vorzeitig aufgeben. Aufgrund dieser ungeplanten Umstände musste auch die taktische Devise neu ausgerichtet werden. So fehlten fortan zwei starke Fahrerinnen, um das zunächst gesteckte Ziel umzusetzen. Insbesondere die Reaktion auf die ständigen Attacken der starken Fahrerinnen aus Österreich, der Schweiz, den Niederlanden und Finnland kosteten den deutschen Frauen viel Kraft.
Gegen Ende der zweiten Runde wurde schließlich durch Lisa Brömmel eine entscheidende Attacke gefahren, der anfangs nur eine Sportlerin aus den Niederlanden folgen konnte. Die Verfolgergruppe wurde zu diesem Zeitpunkt durch Corinna Lechner und Sabine Dittmann kontrolliert. Als der Vorsprung der beiden Ausreißer auf ca. 300 Meter angewachsen war, erfolgte durch Corinna Lechner in Höhe der Zieldurchfahrt ein weiterer Angriff. Innerhalb weniger Kilometer gelang es ihr zu Lisa Brömmel aufzuschließen. Zu diesem Zeitpunkt musste die Fahrerin aus den Niederlanden dem hohen Tempo der beiden Spitzenreiterinnen Tribut zollen und wurde von dem Verfolgerfeld eingeholt.
Durch eine hervorragende Teamarbeit von Corinna und Lisa an der Spitze des Rennens, fuhren die Beiden in der letzten Runde einen Vorsprung von über drei Minuten auf die direkten Verfolger heraus. Unterstützt wurden die beiden Ausreißer durch Arbeit von Sabine Dittmann im Hauptfeld, die bei Tempovorstößen der Verfolger immer wieder störend eingegriffen hat.
Nach zwei Stunden und 15 Minuten konnten Corinna und Lisa schließlich gemeinsam auf die Zielgerade einbiegen und den Kampf um den EPM-Titel im Sprint unter sich ausmachen. Hier hatte Corinna schließlich die größeren Kraftreserven, um das Rennen für sich zu entscheiden. Kurz darauf überquerte Lisa als jubelnde Zweite den Zielstrich. Den Sprint um die Bronzemedaille konnte Romana Slavinec (Österreich) aus einer vierköpfigen Verfolgergruppe gewinnen.
Mit Blick auf die Mannschaftswertung wurde nun voller Spannung der Zieleinlauf der 3. deutschen Fahrerin erwartet. Hier erzielte Sabine Dittmann mit einem starken Finish Platz 21. Kimberley Miller wurde 24., Christine Schneider 26. Durch diese herausragende Teamleistung konnte das deutsche Team auch im Straßenrennen die Goldmedaille in der Teamwertung vor den Frauenmannschaften aus Österreich und der Schweiz gewinnen.
Die Ehrung der Erstplatzierten in den Einzel- und Mannschaftswertungen der beiden Straßenrennen erfolgte am Sonntagabend im Rahmen eines feierlichen Festaktes zum Abschluss der 9. EPM im Hotel Pejsegarden. Hier war, wie bereits zu den Siegerehrungen am Vortag, bei allen vier Ehrungen die deutsche Nationalhymne zu hören.
Abschließend bleibt zu erwähnen, dass bei der 9. EPM durch das deutsche Team alle Einzel- sowie Mannschaftwettbewerbe gewonnen wurden. Damit gingen unfassbare 10, von 12 zu erzielenden Medaillen in den Einzelwettkämpfen und alle 4 Goldmedaillen der Mannschaftwertungen, an die deutsche Equipe.
Ein solches Ergebnis ist in der Geschichte des Deutschen Polizeiradsports zuvor bei einer EPM noch nie erzielt worden. Dieses Resultat war nicht nur aufgrund der überragenden Einzelleistung eines jeden Teammitgliedes möglich, sondern ist maßgeblich auf die aufopferungsvolle Mannschaftsleistung zurückzuführen.
Abgerundet wurden die Abschlussfeierlichkeiten mit einem gemeinsamen Gala-Dinner aller teilnehmenden Nationen. Hier wurden die großartige Veranstaltung und die überragenden Ergebnisse gebührend gefeiert.
Mein persönlicher Dank gilt an dieser Stelle allen deutschen Sportlerinnen und Sportlern, den beiden Trainern Angela Brodtka und Matthias Hahn, sowie Nicole Faust als Physotherapeutin, für die schöne, gemeinsame, erfolgreiche Zeit rund um die EPM.
Ebenso ein herzliches Dankeschön an die Geschäftsstelle des DPSK für die gute Zusammenarbeit sowie Unterstützung vor und während der EPM 2022.
Text: Tom Hülser, Fachwart Radsport im DPSK
Bilder: DPSK