Mit pandemiebedingter einjähriger Verzögerung organisierte die Bundespolizei die 38. Deutschen Polizeimeisterschaften in der Leichtathletik. Die vom Bundesministerium des Innern beauftragte Bundespolizeidirektion Pirna fand im 1. LAC Dessau e.V. einen erfahrenen Partner für die Ausrichtung. Das altehrwürdige Paul-Greifzu-Stadion bot einen angemessenen Rahmen für unsere Meisterschaften und an dieser Stelle schließe ich mich ausdrücklich dem Dank des Polizeipräsidenten der Direktion Pirna, Herrn Andre Hesse, für alle Unterstützer der Stadt Dessau-Roßlau, des Leichtathletikverbandes Sachsen-Anhalt und des 1.LAC Dessau e.V., an. Gleiches gilt dem Organisationsteam der Bundespolizei, das einige Herausforderungen zu meistern hatte und schlussendlich den Athletinnen und Athleten faire und spannende Wettbewerbe ermöglichte.
Das Teilnehmerfeld
Als besonderen Erfolg können wir, in Zeiten der Diskussion um ständig sinkende (auch) körperliche Bewerberanforderungen, die Anreise von Teams aus allen Bundesländern und der Bundespolizei verbuchen. 251 Sportlerinnen und Sportler stellten sich dem Kampf um die Titel „Deutsche Polizeimeister:in“ in 32 Einzel und 6 Staffelwettbewerben. Durch fast alle Mannschaften war eine gesunde Mischung aus Erfahrung und Jugend zu beobachten und insgesamt 12 Meisterschaftsbestleistungen (4 x Männer, 8 x Frauen) in den Einzeldisziplinen nähren ein Jahr vor der Europäischen Polizeimeisterschaft vom 28. – 31.08.2023 in Prag/Tschechien die Hoffnung auf eine schlagkräftige Mannschaft. Allerdings waren auch einige Problemdisziplinen unübersehbar, deren Ergebnisse noch keine Qualifikation für den europäischen Vergleich rechtfertigen. Einige Disziplinen, wie die 400 m Hürden oder die 3000 m Hindernis bei den Frauen mussten aufgrund Mangel an Starterinnen aus dem Wettkampfprogramm gestrichen werden. Besonders schmerzlich waren auch die kurzfristigen Absagen im Siebenkampf der Frauen und die daraus resultierende Herabstufung zur Bestenermittlung (keine Deutsche Polizeimeisterschaft aufgrund fehlender Teilnahmevoraussetzung gemäß PDV 291). Erst zu den Europameisterschaften in München ein paar Tage zuvor durften wir erleben, welchen Spirit die Königsdisziplinen der Leichtathletik entfachen können.
Fallschirmsprünge und das Bundespolizeiorchester
Nachdem wir bereits am Anreisetag mit den Unwägbarkeiten der Mobilität zu kämpfen hatten, weil eine Mannschaft acht Stunden Stauleben auf der Autobahn über sich ergehen lassen musste und erst in der Nacht ihr Quartier bezog, konnte mit dem Engagement aller Beteiligten die Eröffnungsveranstaltung am 1. Wettkampftag pünktlich beginnen. Zu Beginn sorgte eine vom Bundespolizeiorchester Berlin begleitete Fallschirmdarbietung der GSG 9 für den notwendigen Spannungsbogen und beeindruckte wohl auch den Wettergott, der die angekündigten Regenwolken zumindest für diesen Tag durch bestes Leichtathletikwetter ersetzte.
Mit Einmarsch und Aufstellung der Mannschaften begrüßte Dr. Frank Niechziol als Vizepräsident der Bundespolizeidirektion Pirna alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer und nach den Grußworten des Oberbürgermeisters der Stadt Dessau-Roßlau, Herr Dr. Beck, eröffnete der Leitende Polizeidirektor und Polizeisportbeauftragte der Bundespolizei, Jan Hohendorf, in seiner Funktion als Delegierter des Deutschen Polizeisportkuratoriums offiziell die 38. Deutsche Polizeimeisterschaft der Leichtathletik.
Wettkampftag 1
Am ersten Wettkampftag standen die Finals über 100 Meter bei den Frauen und Männern und die beiden Langdistanzen beider Geschlechter im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Die Suche nach dem schnellsten Polizisten und der schnellsten Polizistin in Deutschland versprach viel Spannung und hält immer wieder Überraschungen bereit.
Besonders das 100 Meter Finale der Männer beeindruckte mit einem packenden Kampf um die Medaillen und mit seiner Leistungsbreite. Yacuba Pfälnzer aus Berlin verpasste den Meisterschaftsrekord zwar knapp, krönte sich aber mit persönlicher Bestleistung von 10,53 s zum neuen Deutschen Polizeimeister, verwies Roy Schmidt aus Sachsen mit 10,55 s auf den Silberrang und Joshua Kosmann von der Bundespolizei mit 10,59 s auf den Bronzeplatz. Dass unser WM- und EM-Teilnehmer Marvin Schlegel aus Sachsen, nach einem fulminantem 400 m Lauf zum Deutschen Polizeimeister in 46,54 s knapp 2,5 Stunden zuvor, mit 10,64 s als Vierter ins Ziel lief, war ebenso beeindruckend.
Bei den Frauen lief alles auf einen Zweikampf zwischen Viktoria Dönicke vom Bund und Leonie Kluwig aus Brandenburg hinaus, die beide ihre Vor- und Zwischenläufe souverän gewonnen hatten. Im Finale hatte Viktoria in 11,84 s die Nase knapp vorn und gewann den Titel vor Leonie, die in 11,96 s ebenfalls unter der 12-Sekunden Marke blieb.
Über die 5000 Meter der Frauen gab es für Christin Adler aus Schleswig-Holstein im Alleingang und ansprechender Zeit von 17:21,28 min ebenso einen Favoritensieg, wie im Diskuswerfen der Männer für Laurie Tizian aus Baden-Württemberg mit 52,11 m.
Die letzte Einzelentscheidung des Tages versprach nochmal einen interessanten Titelkampf. Zwei der erfahrensten aktiven Läufer in der Polizei, die gerade in der unmittelbaren Vorbereitung zur Europäischen Polizeimeisterschaft vom 7. – 10. Oktober 2022 in Amsterdam steckten, stellten sich der Unterdistanz. Es war spannend zu sehen, wo Marcel Bräutigam aus Thüringen und Marcus Schöfisch aus Sachsen in ihrer Vorbereitung stehen und was sie, in den von großen Umfängen geprägten Marathonvorbereitungswochen, schon an Geschwindigkeit auf der kurzen Strecke entwickeln können.
Das Rennen verlief anfangs wie erwartet etwas ruhiger, da die Temperaturen zwischenzeitlich recht warm geworden waren, aber nach kurzem Abtasten übernahmen die beiden Favoriten die Spitze und setzten sich vom Rest des Feldes ab. Mit einer Tempoverschärfung bei ca. der Hälfte des Rennens löste sich der Thüringer von seinem sächsischen Kontrahenten. Marcus Schöfisch kämpfte und ließ sich nicht komplett abschütteln, aber mit seiner unwiderstehlichen Konstanz und Tempohärte setzte sich Marcel Bräutigam souverän durch und erzielte mit 31:11,31 min eine respektable Zeit als neuer Deutscher Polizeimeister. Beide Läufer sollten für die EPM-Marathon im Soll sein. Alles Gute!
Wettkampftag 2
Am zweiten Wettkampftag hatte der Wettergott wohl die himmlische Vorführung der GSG 9 vergessen und wie der traditionelle Wetterbericht es verkündete, ergoss sich der wochenlang ausgebliebene Regen des Sommers nun über dem Paul-Greifzu-Stadion in Dessau.
Es war eine große Herausforderung für Organisatoren und Athlet:innen, den Bedingungen zu trotzen. Ausgefallene Zeitmessungen, überschwemmte Anlaufbahnen, nasse Wurfringe bzw. Wettkampfgeräte und Zeitplanverschiebungen schafften völlig neue Bedingungen. Mit dem Engagement der Organisatoren und der Disziplin aller Sportler:innen gelang es trotzdem, einen fairen und gutklassigen Wettkampf durchzuführen.
Als absolutes Highlight des 2. Tages muss der letzte Wurf und Abschied einer großen und erfolgreichen Sportlerin erwähnt werden. Mit der Diskuswerferin Nadine Müller von der Bundespolizei verabschiedete sich die 6-fache Deutsche Meisterin sowie Silber- und Bronzemedaillengewinnerin bei Welt- und Europameisterschaften vom Leistungssport. In einem herausragenden Wettkampf unter schwierigsten Bedingungen ließ Nadine die 1 kg – Scheibe nochmal auf ihre zweitbeste Jahresweite von 58,92 m fliegen und sicherte sich neben dem Titel der Deutschen Polizeimeisterin den Meisterschaftsrekord und gleichzeitig den Pokal für die beste Leistung der Meisterschaft bei den Frauen. Ein perfekter Abschluss.
Das anschließende Abschiedsinterview mit ihrer ehemaligen Teamkollegin und zweifachen Vizeweltmeisterin im Siebenkampf Jennifer Oeser zeigte, wie intensiv und dankbar die Athletinnen ihre sportliche Karriere durchlebten. Dabei wurden viele Augen der Zuhörer nicht nur vom Regen nass. Ein großes DANKE NADINE und alles Gute für die Herausforderungen in der leistungssportfreien Zukunft!
Marvin Schlegel gewann nach den 400 Metern am Vortag und seinem zweiten Titel in der 4x100m Staffel auch die 200 m am 2. Tag der Meisterschaft und stellte mit 20,75 s nicht nur einen neuen Meisterschaftsrekord auf, sondern erzielte damit auch die beste Leistung dieser Meisterschaft bei den Männern.
Die Schwedenstaffeln der Frauen und Männer bildeten traditionell den emotionalen Abschluss der Meisterschaft.
Bei den Frauen lieferte sich Team Baden-Württemberg einen unerbittlichen Zweikampf mit der Staffel aus Hessen und konnte diesen nach 2:16,26 Min. mit hauchdünnem Vorsprung für sich entscheiden.
Bei den Männern setzte sich der Favorit aus Sachsen mit dem Athleten der Meisterschaft, Marvin Schlegel in souveräner Manier durch. In 1:53,09 min pulverisierten die Sachsen den Meisterschaftsrekord!
Trotz bester Stimmung spürte man bei allen Beteiligten den kräftezehrenden Regentag und alle waren froh, sich in den Unterkünften auf den beliebten Abschlussabend vorzubereiten.
Ein gelungener Abschluss
Die Organisatoren hatten sich hierfür mit der Stadt Dessau-Roßlau noch ein besonderes Schmankerl einfallen lassen. Umgeben von einem großen Stück Luftfahrgeschichte war das Junker Museum ein außergewöhnlicher Ort für den gemütlichen Teil.
Zu Beginn würdigte der Delegierte des DPSK und Polizeisportbeauftragte der Bundespolizei, LPD Jan Hohendorf, gemeinsam mit dem dreimaligen Olympiasieger, 11-fachen Weltmeister und 12-fachen Europameister im Kanadiersport, Sebastian Brendl von der Bundespolizei, die Leistungen und Platzierungen der Schwedenstaffeln.
Daran anschließend wurden die besten Einzelleistungen der Meisterschaft in den Mittelpunkt gerückt und bei den Frauen konnte, wie bereits erwähnt, Nadine Müller mit ihrer Diskusweite nicht nur den Pokal mit nach Hause nehmen, sondern erhielt für ihren Abschied Standing Ovation.
Bei den Männern erzielte der überragende Athlet dieser Meisterschaft auch die beste Leistung. Der Gewinner über 400 m, Viertplatzierte im starken 100m Finale, Deutsche Polizeimeister mit der 4 x 100 m- und der Schwedenstaffel spulte nicht nur ein beeindruckendes Programm ab, sondern erzielte mit seiner Zeit und dem Sieg im 200 m Finale die beste Meisterschaftsleistung, wofür er den Pokal der Männer mit nach Hause nehmen konnte.
Die neue Sonderehrung für das beste Gesamtteam der Meisterschaft (Medaillenspiegel) sicherte sich die Bundespolizei mit 9 Gold-, 4 Silber- und 6 Bronzemedaillen.
Mit Rücksicht auf die hungrigen Augen der Sportlerinnen und Sportler und das bereitstehende Buffet fassten sich die Redner kurz. Mit seinem Dank und die Ehrung der Organisatoren fand Jan Hohndorf zusammenfassend lobende Worte für die Wettkämpfe und Sportler. Er erklärte die 38. Deutsche Polizeimeisterschat in der Leichtathletik offiziell für beendet.
Nach den wohlschmeckenden Speisen sorgte ein DJ mit den angesagten Party- und Discohits für die richtige Stimmung bei zu tänzerischen Höchstleistungen auflaufenden Sportlerinnen und Sportlern.
Im Resümee eine gelungene Meisterschaft und es ist immer wieder schön, alte Weggefährten wiederzusehen. Gleichzeitig beobachtete ich mit Freude, dass auch in den jungen Generationen immer wieder neue Freundschaften entstehen, die unser „WIR-Gefühl“ stärken.
Geschätzte Kolleg:innen und liebe Sportler:innen, vielen Dank für drei besondere Tage!
Text: Jörn Durst, Bundesfachwart Leichtathletik
Die Wettkampfergebnisse
Fotos: Jacob Maibaum, Bundespolizei