DPSK-Workshop für Übungsleiterinnen und Übungsleiter

Dienstsport und Einsatztraining, Ringen und Raufen, Mentales Training, Werte für die Polizei.
Vom 11. bis zum 13. Juli 2023 standen diese Themen in Kiebitzhörn, mit über 33 Trainern und Trainerinnen aus ganz Deutschland auf der Tagesordnung.

Für den Workshop hatte ich tolle Unterstützung von Johannes Daxbacher, DPSK Bundesfachwart Selbstverteidigung und Andreas Eberlein, Mentaltrainer „A“ der Deutschen Mentaltrainer Akademie e.V. (DMA). Es gab spannende Vorträge und dazu passende Trainingseinheiten rund um die Themen „Erreichen der körperlichen Voraussetzungen für das Einsatz- und Eigensicherungstraining mithilfe zielgruppenspezifischem Sporttraining / Dienstsport“ sowie „Mentale Stärke von Polizeibeamten*innen im Einsatz und im Training durch Sportmentaltraining ausprägen“. Für einen Einblick in die Tage, gibt es hier unsere Zusammenfassung der Vorträge.

Dienstsport als Grundlage für die physischen und mentalen Anforderungen im Einsatz und Einsatztraining

Äußere Faktoren im Einsatz wie das polizeiliche Gegenüber und die Örtlichkeit können Polizisten*innen nicht beeinflussen, sondern müssen hierauf reagieren und mit ihnen umgehen. Auf ihr eigenes Handeln und die Einsatzvorbereitung können sie selbst Einfluss nehmen. Neben physischen Fähigkeiten wie Kondition, Kraft, Koordination und berufsmotorischen Fertigkeiten wie Festnahme- und Selbstverteidigungsgriffe sollten auch mentale Fertigkeiten trainiert werden. Nach dem bundeseinheitlichen Leitfaden 290 ist Dienstsport die regelmäßige, systematische, altersgerechte, am Leistungsstand sowie an den körperlichen Anforderungen der Tätigkeitsbereiche orientierte sportliche Betätigung während des Dienstes. Die körperliche Konstitution einschließlich einem gewissen Maß an Ausdauer, Kraft und Koordination schafft die körperliche Voraussetzung für ein komplexes Einsatzhandeln bzw. Einsatztraining. Sporttraining ist kein Selbstzweck, sondern notwendige Bedingung für Leistung im Polizeieinsatz und -training. Ich stellte die These in den Raum, dass Dienstsport wohl tatsächlich die Grundlage für das Einsatztraining ist bzw. sein sollte. Es könnte auch ohne gehen, aber schlechter, da etliche Kollegen*innen unter Umständen physisch und mental völlig überfordert sein könnten. Sie sehen, ich stehe für ein gewisses Maß an Sporttraining ein! In diesem Beitrag ging es natürlich auch um die Inhalte des Dienstsportes und den Aufbau von Trainingseinheiten. In dem Zuge beschäftigten einige Teilnehmende Fragen, die kontrovers diskutiert wurden, auch wenn allen bewusst war, dass sie diese Fragen als Trainer*in im jeweiligen Bundesland oder dem Bund nicht allein lösen können: „Ist der Übungsleiter zukünftig vermehrt Berater?“, „Wie schafft man kleine Lösungen vor Ort?“, „Wie kann man in den Austausch mit anderen Fachbereichen kommen, um die Leistungsfähigkeit der Kollegen*innen systematischer aufzubauen?“, „Ist der Polizist zu untrainiert oder sollte auch die Fachkompetenz der Trainer in den Fokus genommen werden?“.

Verletzungsprophylaxe

Eine Verletzung im Sport ist zu keinem Zeitpunkt optimal, weder für den/die Sportler*in, noch für das Dienstgeschehen. Umso wichtiger ist für den/die Trainer*in aber auch den Sporttreibenden die Berücksichtigung von Verletzungsprophylaxe. Johannes Daxbacher verdeutlichte auch, dass die gute Ausprägung von koordinativen Fähigkeiten im Zusammenwirken mit einem breit angelegten Bewegungsrepertoire ein schnelles und qualitativ hochwertiges Fertigkeitslernen wie das Schießen oder die Abwehr- und Zugriffstechniken ermöglicht (siehe oben Schaubild Bernstein). Für den Alltag ermöglicht es die verbesserte Bewegungskontrolle, so dass Bewegungen in unvorhersehbaren Situationen beherrscht und damit Verletzungen vorgebeugt werden können. Nehmen wir z.B. die Thematik „Stolpern, Fallen, Stürzen, Ausrutschen“, was täglich passiert. Auch hier gilt bereits, dass jede richtige (koordinierte!) Bewegungsausführung eine wichtige Verletzungsprophylaxe darstellt. Sie beginnt idealerweise im Dienstsport, wo abhängig der Zielgruppe, die verschiedenen koordinativen Fähigkeiten, die letztendlich den Polizeidienst ausmachen, nach dem Aufwärmprogramm entsprechend trainiert werden sollten.

Ringen und Raufen

Sportlich miteinander Ringen und Zweikämpfen sind ein wichtiger Aspekt der Sozialisation, so Diplomtrainer Johannes Daxbacher. Dazu bieten die sog. „Judo-Spiele“ eine fast grenzenlose Auswahl an Übungen. In dem Beitrag standen Schwerpunkte in Bezug auf sportliche Vorbereitung zum „körperlichen Konflikt“ im Mittelpunkt. Durch das Ziehen, Schieben und Drücken werden die koordinativen Fähigkeiten par excellence trainiert. Es wird mit dem Gleichgewicht, der Orientierung, der Reaktion, dem Rhythmus etc. experimentiert. Die Kraftverhältnisse werden beim Schieben und Ziehen kennengelernt und diese ggf. durch Ausgleichbewegungen abgefangen. Es wird eine unmittelbare körperliche Kraft erfahren und Körperkontakt und Berühren auf diese Weise erlebt. Auch Selbstdisziplin und Grenzen ausloten wird gelernt. Auch werden Grenzen der eigenen Leistungsfähigkeit und eine realistische Selbsteinschätzung erfahren. Dies ist für das Einsatzverhalten und der Bewältigung von körperlichen Konflikten von entscheidender Bedeutung. Fazit: Ringen und Raufen bzw. spielerisch als ein Element in den Dienstsport eingebaut, beinhaltet eine Wissens-, Könnens- und Kompetenzentwicklung der Teilnehmenden und zudem macht es Freude.

Werte

Der Fachwart Selbstverteidigung stellte die Verbindung zwischen den Judo- und Polizeiwerten dar und erläuterte sie anhand von zahlreichen Beispielen und Erfahrungen aus dem In- und Ausland. Dabei verknüpfte der Diplomtrainer Werte wie Respekt, Mut, Selbstbeherrschung, Ernsthaftigkeit, Hilfsbereitschaft, Höflichkeit, Ehrlichkeit, Freundschaft, Wertschätzung und Bescheidenheit immer wieder mit den Anforderungen für die tägliche Polizeiarbeit. „Eine breite Wertevermittlung ist hervorragend über den Sport möglich. Dies geschieht nahezu alltäglich in irgendeiner Trainingseinheit, ob alleine oder in einer Gruppe“, zeigte Johannes Daxbacher in seinem Vortrag auf.

Sportmentaltraining bei der Polizei

Als besonderes Highlight berichtete Andreas Eberlein (ehemaliger Ausbildungsleiter bei einem Spezialeinsatzkommando der Polizei) wie Einsatzkräfte von den Mentaltechniken aus dem Spitzensport profitieren. Dabei wurde natürlich auch aufgezeigt, was Mentaltraining ist. Die wenigsten Polizisten*innen machen sich Gedanken darüber bzw. wissen, welche Rolle ihr Kopf im Einsatz spielt und welche Chancen für sie im Mentaltraining stecken können. Im Leistungssport kommt es darauf an, Spitzenleistung auf den Punkt abrufen zu können. Mentaltraining im Sport trainiert die Qualität von Training und Wettkampf. Trainiert und gelehrt wird die Verkettung von Gedanken, Emotionen und Körperreaktionen. Doch sind polizeiliche Einsätze vergleichbar mit Wettkämpfen? Worum geht es im Wettkampf? Gewinnen und Verlieren; punktgenauer Abruf der Leistung am Wettkampftag ohne Wiederholbarkeit. Meist sind Polizeieinsätze plötzlich, spontan und einzigartig, ohne zu wissen, was und wer auf einen zukommt. Die Art des Stresses scheint unterschiedlich, was für die einen der Konkurrenz- und Leistungsdruck ist, ist für die anderen die (ständig schwelende) Gefahr für Leib und Leben. Erste Studienlagen zeigen, dass es durchaus Parallelen zwischen einem sportlichen Wettkampf und polizeilichem Einsatz gibt und Polizisten*innen vom Mentaltraining profitieren.

Resümee

Vielen Dank an die über 33 Übungsleiter*innen und Einsatztrainer*innen sowie Sportsach-bearbeiter*innen und ihr großes Interesse und die Teilnahme.Die positiven Rückmeldungen der Teilnehmenden bestärken uns darin, diesen Workshop weiter auszubauen. Es war aus unserer Sicht ein voller Erfolg!Für Rückfragen zu den Themen stehe ich gerne zur Verfügung.

Dr. Christel Bernstein Hauptsportwartin im DPSK